EU-Mercosur: Rettungsversuche im neuen Jahr

Unser Druck zeigt Wirkung! 

Noch mit Übernahme der Ratspräsidentschaft am 1. Juli 2019 zeigte sich Deutschland optimistisch, das EU-Mercosur Abkommen mit Ende des Jahres abschließen zu können. Damals gab es Widerstände aus Österreich, Belgien und den Niederlanden. Mittlerweile haben besonders der Protest von bäuerlichen Organisationen, Klimagerechtigkeitsbewegung, über 1800 Gemeinden EU-weit, 192 Ökonom*innen, Gewerkschaften in der EU und den Mercosurländern und vielen mehr weltweit dazu geführt, dass sich vor allem Agrarminister*innen und vermehrt Spitzenpolitiker*innen kritisch zum Abkommen positionieren. Damit konnte Deutschland das Abkommen nicht wie geplant 2020 zum Abschluss bringen. Auch im folgenden Jahr konnte von den anschließenden Ratspräsidentschaften kein Ergebnis erzielt werden. Nun hat Frankreich als Ratspräsidentin die Aufgabe übernommen, das Abkommen zu retten.

Unsere Position bleibt klar: Da das Abkommen nicht in seinen Grundfesten geändert werden soll, kann es nur ein Klimakiller bleiben und kein Griff in die Trickkiste wird daran was ändern!

Die EU hat seit 1999 ein Assoziationsabkommen mit den Mercosur-Ländern Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay verhandelt. Diese Verhandlungen fanden wie jene für TTIP im Geheimen statt. Am 28. Juni 2019 hat die EU-Kommission die politische Einigung zum Abkommen verkündet. Seitdem wird inhaltlich und juristisch an den Feinheiten gearbeitet. Im Juli 2020 kündigte die Trio-Ratspräsidentschaft mit Deutschland an, das Abkommen abschließen zu wollen. Das Abkommen muss in vollständiger Form dann auf europäischer Seite von allen EU-Staaten im EU-Rat Unterstützung finden, vom EU-Parlament und von allen nationalen Parlamenten ratifiziert werden, bevor es vollständig in Kraft treten kann.

Gemeinsamer Block am Klimastreik 25.9.2020
Klare Nachricht an das Wirtschaftsministerium am 9.11.

EU-Mercosur Abkommen: Kein Weg hin zu internationaler Solidarität und Klimagerechtigkeit 

Neoliberale Handelsabkommen – so wie das EU-Mercosur Abkommen haben fatale Auswirkungen für Mensch und Umwelt. Neben dem Abbau von Zollschranken, und technischen Handelshemmnissen geht es im Abkommen um Ursprungsregeln, die Liberalisierung von Dienstleistungen, kommunale Ausschreibungen, geistiges Eigentum, gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen.

Mit dem Abkommen sollen vor allem Soja, Zucker und Rindfleisch aus den Mercosur Staaten gegen Autos, Medikamente und Pestizide aus Europa getauscht werden. Das führt zu verheerenden Folgen auf allen Seiten: die erhöhte Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten aus der Mercosur Region wird zu einer weiteren Abholzung des Amazonas und zur Ausweitung industrieller Landwirtschaft in der EU und den Mercosur-Staaten führen. Die Abholzung der “grünen Lunge der Welt” ist angesichts der Klimakrise und dem Wissen um die Wichtigkeit des Regenwaldes katastrophal. Die damit verbundene Zunahme von Massentierhaltung in den Mercosur- und EU-Ländern sowie der Fortbestand klimaschädlicher Mobilität mit Agro-Treibstoffen in Europa verstärken die Klimakrise um ein Vielfaches. Der verstärkte Einsatz von Pestiziden in Mercosur-Ländern, die in der EU produziert aber dort schon längst verboten sind, ist sowohl ein arbeitsrechtlicher als auch umweltpolitischer Wahnsinn. Zudem wird der Lebensraum für indigene Völker zerstört. Im Gegenzug exportiert die EU noch mehr Autos in die Mercosurländer. Damit wird eine Industrie am Laufen gehalten, die aus Klimaperspektive keine Zukunft mehr hat und dringend umgebaut werden muss in Richtung nachhaltiger Mobilität.

Das Abkommen sieht nicht nur keine verbindlichen und durchsetzbaren Sanktionsmechanismen bei Klima- und Umweltschutz vor, es mangelt auch an Maßnahmen und Instrumenten zur Durchsetzung von Arbeitnehmer*innenschutz. Das wäre mehr als notwendig denn: Brasilien zählt aktuell zu den 10 schlimmsten Ländern in Bezug auf Arbeitsbedingungen. Diese sind am schlimmsten u.a. auf Soja- und Zuckerplantagen, wo sklavenähnliche Zustände herrschen. Zudem hat sich die Menschenrechtslage in Brasilien unter Jair Bolsonaro extrem verschlechtert, dies trifft besonders die LGBTIQ und indigenen Gemeinschaften.

Das österreichische Nein

Auf Grundlage dieser Kritikpunkte und dem Druck der Zivilgesellschaft, hat der österreichische Nationalrat im September 2019 eine Ministerbindung verabschiedet, die die österreichische Regierung dazu verpflichtet, das Abkommen abzulehnen. Der Bundesrat bestätigte im Februar 2020 das Nein zum Abkommen in jeder Form.

Wir bleiben dran – Nein muss Nein bleiben! 

Wir wissen von der Abstimmung über das EU-Kanada Abkommen: wenn ein Land Nein sagt, wird der Druck enorm, einem einmal verhandelten Abkommen zuzustimmen. Alle Akteure, die seit Jahren für eine andere Handelspolitik kämpfen, haben mit der Ministerbindung vom September 2019 einen wichtigen Beitrag zum Verhindern dieses Abkommens erreicht. Aber: wir können uns nicht zurücklehnen. Die Trickkiste der EU ist groß und allen voran die deutsche Industrie will dieses Abkommen. Jetzt ist der Moment, auch in Österreich den Druck gegen dieses Abkommen aufrechtzuerhalten und für einen Kurswechsel in der EU-Handelspolitik zu erhöhen.

Für uns ist klar: es braucht Handelsabkommen, die Mensch, Umwelt und Klimaschutz ins Zentrum rücken. Es braucht weniger Wettbewerb und mehr internationale Kooperation für ein gutes Leben für alle. Deswegen muss es bei einem Nein zum vorliegenden Abkommen in JEDER Form bleiben.

Mehr Material zum Nachlesen und -hören:

Zur aktuellsten Studie von Thomas Fritz bezüglich der Auswirkungen auf Klima und Menschenrechte.

Ein kleiner Reiseführer durch die Probleme mit Pestiziden durch das Abkommen.

Ein zweiter Reiseführer durch die Probleme des Abkommens für internationale Klimagerechtigkeit

Unsere Aufforderung an die deutsche Ratspräsidentschaft: EU-Mercosur darf nicht abgeschlossen werden!

Alle weiteren Hintergründe zum Abkommen

5 Minuten Interview zu den Problemen hinter dem Abkommen mit Lia von BUND.